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Channel: Detlef Hedderich – sfbasar.de
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GENRELITERATUR AUS DEN FRÜHEN 90ER JAHREN: Captain’s Logbuch / Deep Space Logbuch / Das Star Trek Universum / Star Trek Erinnerungen

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Einige Informationen für viel Geld – Vier Handbücher zu einem Mythos:

Gross, Edward / Altman, Mark A.
Captain’s Logbuch

(Captain’s Log, 1993)
HEEL Verlag, Schindellegi 1994
ISBN: 9783893653768 (früher: 3893653767)
285 Seiten, DM 29,80
Übersetzung: Bernd Beissel, Claudia Kern, Beate Moll

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Altman, Mark A. / Gross, Edward
Deep Space Logbuch

(Deep Space Log, 1994)
HEEL Verlag, Schindellegi 1994
ISBN: 9783893653386 (früher: 3893653384)
114 Seiten, DM 24,80
Übersetzung: Claudia Kern, Beate Moll

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Sander, Ralph
Das Star Trek Universum

Wilhelm Heyne Verlag, München 1994
ISBN: 9783453077591 (früher: 3453077598)
DM 44.-

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Shatner, William / Kreski, Chris
Star Trek Erinnerungen

(Star Trek Memories, 1993)
Wilhelm Heyne Verlag, München 1994
Heyne Science Fiction & Fantasy 06/5188
ISBN: 9783453079571 (früher: 3453079574)
400 S., DM 19,90
Aus dem Amerikanischen von Andreas Brandhorst

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REZENSION: von Thomas Roth und Detlef Hedderich

Die Aufgabe eines Logbuchs ist es ja bekanntermassen, die Abenteuer eines Raumschiffs Enterprise aufzuzeichnen, alles Wissenswerte über seine Reisen zu notieren, die Gedankengänge seines Captain’s zu fixieren und das Ganze mit der richtigen Sternzeit zu versehen. So gesehen sind einige der Sachbücher, die im Frühjahr und Herbst 94 über Star Trek erschienen sind, gar nicht schlecht, und obendrein erfüllen sie auch noch die oberste Direktive des Buchmarktes, das Geldscheffeln mit Star Trek-Devotionalien.

Captain’s Logbuch sowie Deep Space Logbuch des Autorengespanns Edward Gross/Mark Altman (beide HEEL-Verlag, 285 S., DM 29,80; bzw. 114 S., DM 24,80) bieten auf einförmig layouteten Seiten dreispaltig gesetzte Texte unterschiedlicher Länge, in denen über die Idee, Planung, Realisation und Aspekte der Produktion von Star Trek und seiner diversen Keimlinge im lockeren Plauderton berichtet wird, wobei die Autoren ihre Texte um die wörtlich wiedergegebenen Statements beteiligter Produzenten, Regisseure, Kameraleute, Techniker und auch Schauspieler bauen. Auf diese Weise Authentizität vortäuschend, wirken beide Bände über Gebühr geschwätzig. Die Hälfte der Bände nimmt jedoch ein sog. “Episodenführer” ein, in dem auf minimalste Stabdaten und in fetten Lettern gedruckter bärbeissiger Inhaltsangabe stets das Zitat eines Beteiligten (in der Regel Regie oder Drehb.) folgt, das Hintergrundinformationen zur jeweiligen Folge enthält. Die Monotonie der Bleiwüste wird dabei nur ab und an recht halbherzig von einigen Schwarzweissfotografien unterbrochen, die die bekannten Darsteller (aus fotorechtlichen Gründen) in allen möglichen nur nicht in Star Trek-Situationen oder -Kostümen zeigen. Dass die Bilder zudem so reproduziert sind, dass sie wie aus dem Kopierer gezogen wirken, ist angesichts des publizistischen Schnellschuss (der ferner in keiner Weise von Paramount Pictures lizensiert wurde) nur folgerichtig. Da der Episode Guide für TNG lediglich fünf, für DS9 gar nur die erste Season umfasst, werden beide Logbücher überhaupt erst in einer zweiten erweiterten Auflage einen Sinn machen.

Dagegen erscheint die mittlerweile dritte, wiederum um etliche Seiten erweiterte Ausgabe von Ralph Sanders unentwegtem Star Trek-Universum (Heyne 06/5150, DM 44.-) wie eine von Quarks Holosuiten: Ein mit allem technischen Raffinement ausgestattetes und auf Hochglanz gestyltes HighTech-Produkt schönster Oberfläche, in dessen Inneren jedoch das allbekannte Programm in ewiger Selbstreferenzialität abläuft. Nach wie vor weist das sog. “Handbuch” die alten konzeptionellen Fehler auf, die bereits die 89er Erstausgabe schlicht unbrauchbar gemacht hatten. Die jüngste Aufteilung in zwei Bände ist dabei lediglich auf das Anwachsen des verarbeiteten Datenmaterials (TV-Episoden, Bücher) zurückzuführen denn auf eine Konzeptänderung. Dass der Episode Guide jedoch auf dem Stand von 1993 gehalten ist, mithin die 7.Season von TNG und die 2. von DS9 nicht erwähnt, ist im Oktober 1994 (dem Monat des offiziellen Erscheinens) angesichts des horrenden Preises längst mehr als eine Unverschämtheit. Es ist die konsequente Übertragung Ferengi’scher Erwerbsregeln auf das Buchmarketing: Um mit noch einer Ausgabe noch mal Geld zu machen.

Nach all dem geldgeilen Geschwafel ist die persönlich geschriebene Innenansicht William Shatners über seine Star Trek Erinnerungen (Heyne 06/5188, 400 S., DM 19,90) eine Wohltat. In für Shatner charakteristischer eitellarmoyanter Weise breitet er seine Gedanken, Gefühle, An- und Einsichten während der dreijährigen Produktionszeit von Star Trek aus. Im nettem Plauderton schildert er dabei Anekdoten, Begebenheiten und seine Sicht der Dinge von den ersten Vorbereitungen über die Produktionszeit bis zu dem Moment, an dem für die Serie die letzte Klappe fiel und sich die grosse Familie aus Schauspielern, Technikern und Produzenten voneinander verabschiedete. In unterschiedlich langen Interviews lässt er dabei all seine “alten Freunde” selbst zu Wort kommen, nicht ohne Ausführungen, die ihn als auf sich selbst fixierten unfreundlichen Faun beschreiben (S.389), schnell wieder zu relativieren.

Geschrieben wie ein Roman, lesen sich Shatners Memoiren unterhaltsam und flüssig. Das sie darüberhinaus einen Blick auf den Humor von Star Trek gewähren, der dem dt. Zuschauer aufgrund der Blödelsynchronisation aus den 70er Jahren bisher verborgen war, macht sie noch zu dem interessantesten der vier Bücher.

Faszinierenderweise hat Shatner bei seinen Star Trek-Erinnerungen im Unterschied zu seiner Tek-Serie auch nicht den Namen seines Mit-Autors zu erwähnen vergessen; Chris Kreski klingt allerdings so offensichtlich nach Pseudonym, dass dahinter wohl wieder der beständige Ghostwriter Ron Goulart stecken dürfte.

So schalkhaft wird es allerdings erst wieder mit dem für April 95 avisierten CAP’N BECKMESSERS FÜHRER DURCH STAR TREK – DIE NÄCHSTE GENERATION (Heyne, DM 17,80), zuvor jedoch versuchen sich Sternbach & Okuda mit Star Trek – Die Technik der U.S.S. Enterprise und Thomas Maxwell mit Das grosse Trek-Lexikon (beide Heel) recht technisch und Ralph Sanders memoriert Die Star Trek Biographien (HEYNE, DM 19,90, Feb. 95). Rezension folgt.

Copyright (c) 2000 by Thomas F. Roth und Detlef Hedderich


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